Modorimasu

Modorimasu – Blog zur Japanreise im Sommer 2012, 2019 und Un-/Interessantes in und rund um Japan

Sonntag, 4. November 2012

Die Seele baumeln lassen in den japanischen Alpen


Nachdem wir in Kyoto funktional aber einfach und in Magome nicht gerade günstig aber verängstigt gewohnt hatten, musste vor unserer Rückkehr nach Tokyo doch noch etwas für die Seele getan und das Bedürfnis nach ein bisschen Komfort befriedigt werden. Denn in Japan zu sein und weder ein Ryokan noch ein Onsen von innen gesehen zu haben, ist zwar durchaus denkbar, aber nicht wirklich gut auszuhalten. Wegen Samohts Tattoo-Problematik mussten wir jedoch einen solchen Aufenthalt von etwas längerer Hand planen, um nicht am Ende in einem Onsen-Ryokan einzukehren und dann doch nicht baden zu können. 

Nach einer intensiven Suche im Netz fanden wir schließlich in Togura Kamiyamada Onsen ein schönes Ryokan und fragten dort an, ob es ein Problem sei, wenn einer von uns ein wenig bemalt wäre. Umgehend kam eine sehr freundliche Antwort von den japanisch-amerikanischen Besitzern, die uns mitteilten, dass es kein Problem darstelle, sofern wir keine Mafiosi seien und dass das Haus auch über ein Familien-Rotenburo (Rotenburo sind Onsenbecken, die sich im Freien befinden) verfüge, so dass wir in jedem Fall ausgiebig und sorgenfrei baden könnten. Sie boten uns auch an, uns vom Bahnhof abzuholen, und als wir schrieben, dass wir mit einem Mietwagen anreisen würden, schickten sie uns eine ausführliche Wegbeschreibung mit einer schönen Route über Kirigamine und Utsukushigahara.

Die Fahrt dorthin war wirklich wunderschön und wir waren sehr entspannt, als wir in unserem Ryokan ankamen. 

Die Häuser gegenüber des Ryokan


Unser Ryokan mit der hübschen Schildkröte mit Heiligenschein...


Direkt vor dem großen Eingang des altehrwürdigen Hauses waren an einem großen Stein große Namenschilder befestigt, auf denen die Gäste namentlich aufgelistet waren. Auch wir fanden uns dort wieder und wurden sehr freundlich willkommen geheißen. 


In so einem Gefäß stellen die Hasen im Mond Mochi her.


Durch die riesige aber gemütliche Lobby hindurch führte man uns über einen langen Flur in unser Reich,


 
 


Der Blick in den Innenhof des Hauses auf dem Weg zu unserem Zimmer.





eine Wohneinheit bestehend aus einem Eingang, einem Vorraum mit einem Schminktischchen und einem Schiebeschrank mit Futons,




dem großen japanischen Wohn- und Schlafraum,








einem kleinen westlich eingerichteten Separee,










einer japanischen High-Tech-Toilette




und einem geräumigen, offenen und sehr hübsch - mit Bambus! - eingerichteten Waschraum, wo sich auch ein Kühlschrank und ein Safe befanden. 







Was aber das Highlight unserer Unterkunft war, war die Hintertür in unserem Waschraum, durch die man in einen winzigen Garten hinausgehen konnte und von dort aus direkt in das Familien-Rotenburo gelangte. 




Wenn man die Holztür zum Rotenburo bis zum Anschlag öffnete, konnte man sie dort feststellen und dadurch gleichzeitig den öffentlichen Zugang zum Familien-Rotenburo verschließen, so dass niemand außer uns dorthin gelangen konnte. Es war die einzige Wohneinheit mit direktem Zugang zum Familien-Rotenburo, das wir zwischen 21 und 8 Uhr allein nutzen durften, wenn wir einmal in der restlichen Zeit das Bad für eine Stunde regulär gegen eine Gebühr von 2000 Yen buchten, was wir sehr gerne taten.


So ist die Tür zwischen unserem Zimmer und dem Rotenburo verschlossen.


So ist der öffentliche Eingang verschlossen.





Umkleide vor der großen Dusche





Unser Familien-Rotenburo




Nach einem entspannenden Bad gibt es nichts Herrlicheres, als in den eigenen vier Wänden in Yukata etwas Köstliches zu essen ...




 
Ein Gericht wie Sukiyaki, hieß aber anders...
 

...wie Sukiyaki köstlich im rohen Ei!












Ayu, mein Lieblings-Süßwasserfisch





...und zu trinken! Es gab drei Sorten Bier, die im Shiga Kogen hergestellt wurden. Das Bier mit dem roten Label schmeckte uns am besten - es erinnerte ein wenig an ein britisches Bitter.




Nach einer köstlichen Mahlzeit machten wir noch einen kleinen Verdauungsspaziergang durch den lebendigen Ort voller Lokale, vor denen viele Animierdamen auf der Lauer lagen. Wir wissen nicht wirklich, ob sie die Herren der Schöpfung nur beim Trinken unterhalten sollten, aber da ich dabei war, kam Samoht nicht wirklich auf seine Kosten, auch wenn viele dieser Damen ziemlich interessiert hinter ihm herschauten.


So ein Lokal ohne dazugehörige Dame


 und mit ... da hinten sitzt eine rechts








Eigentlich war es so gemütlich, dass man die Tage einfach im Ryokan hätte verbringen können, ohne auch nur einmal den Fuß vor die Tür zu setzen. Aber die Gegend um Togura Kamiyamada Onsen ist so interessant, dass es ein Jammer gewesen wäre, wenn wir sie nicht erkundet hätten. Leider reichte die Zeit nicht, uns alles anzuschauen, was uns interessiert hätte. 
Die unglaublich herzlichen und hilfsbereiten Wirte versorgten uns mit Karten und Informationsmaterial und ich war völlig aus dem Häuschen, als ich hörte, dass sich in unmittelbarer Nähe der Obasuteyama befindet. Es handelt sich hierbei um eine gruselige Sage, nach der in ferner Vergangenheit in dieser Gegend, die sehr arm war, alle älteren Menschen, die über 60 bzw. 70 Jahre alt wurden (da gibt es unterschiedliche Überlieferungen), auf dem Obasuteyama (übersetzt heißt dieser Berg so viel wie "der Berg, auf dem alte Frauen entsorgt werden") dem Hungertod überlassen wurden, damit sie der jüngeren Bevölkerung nicht weiter zur Last fielen. Ein junger Mann, dessen Mutter dieses hohe Alter erreicht hatte, brachte es nicht übers Herz, sie auf dem Obasuteyama zurückzulassen und versteckte sie schließlich in einer Scheune. Als der Feudalherr den Bürgern ein Rätsel aufgab und ihnen Geldstrafen androhte, wenn sie sein Rätsel nicht lösen konnten, war die alte Frau die einzige im Dorf, die in der Lage war, dieses und weitere Rätsel zu lösen. Hier kann man diese Sage in englischer Version nachlesen. Ich kenne diese Sage seit meiner Kindheit, aber ich wusste nicht, dass es tatsächlich einen Berg gibt, der heute noch so heißt. Leider sind wir gar nicht mehr dazu gekommen, dorthin zu fahren und bei Nacht die Reflexion des Mondlichtes in den Reisfeldern zu sehen. Ebenso wenig konnten wir uns das frühgeschichtliche Grab Nori Shogunzuka aus der Kofun-Zeit anschauen, da wir in der kurzen Zeit, die wir dort hatten, auf jeden Fall zum Jigokudani Yaen Koen wollten, um uns die Schneeaffen anzuschauen, und dann noch Togakushi auf dem Wunschzettel hatten, so dass wir nach einem kräftigenden Frühstück (leider ohne Natto) sofort für den Rest des Tages unterwegs waren.

Samoht fotografiert immer seinen Fuß mit...


noch ein Frühstück, diesmal FAST ohne Fuß








ein Schälchen Reis mit diesem verlorenen Ei und Nori in Soyasauce getunkt...

Auch diesen Ort verließen wir schließlich nach einer unvergesslich schönen Zeit mit einer langen Liste von Unternehmungen, die bei unserem nächsten Besuch auf unserer Wunschliste ganz oben stehen werden.

3 Kommentare:

  1. In ein Ryokan möchte ich auch unbedingt nochmal irgendwann!
    Ein Frühstück ohne Natto ist kein richtiges Frühstück, wa? ;)

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    1. Find ich auch! Isst du denn mittlerweile Natto auch mit japanischem Senf? Ich finde Natto ohne Senf geht nicht AUSSER bei Yuzunatto! Haben wir bei Dae-Yang auf der Immermannstr. entdeckt - ist wirklich sehr lecker und kann ich nur empfehlen!

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    2. Frühstück und Natto ist ein muss, finde ich!
      Aber schien dort in der Gegend nicht üblich zu sein. Der Hausherr mochte es wohl auch nicht. Verzog bei der Frage nach Natto jedenfalls das Gesicht und schaute mich ganz ungläubig an!

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