Modorimasu

Modorimasu – Blog zur Japanreise im Sommer 2012, 2019 und Un-/Interessantes in und rund um Japan

Mittwoch, 27. Februar 2013

Delikatessen auf eigene Faust


Asakusa ist immer einen Besuch wert, wenn man bummeln oder shoppen möchte, Geschenke sucht oder sich für Architektur interessiert, denn Asakusa hat ein neues Kultur und Touristeninformations-Center welches vom bekannten Architekten Kengo Kuma erbaut wurde. 

Architekt Kengo Kuma, Asakusa, Tokyo


Nicht weit davon entfernt befindet sich ja auch der "Sky Tree".


Sky Tree


Auch kulinarisch wird man hier fündig, man stösst sogar auf nicht alltägliche Gaumenkitzler. Hunger haben wir ja in Japan des Öfteren, und Ausgefallenes darf es auch sein; wo wir schon beim Thema sind! Es war einer der ganz wenigen Tage, an denen wir allein essen gehen mussten / konnten / durften. Den Tag wollten wir nutzen, denn wir wollten auch mal etwas in Tokyo essen, was nicht zur Haute Cuisine gehört, sondern Einfacheres, was man in Deutschland nicht unbedingt bekommt, oder isst.










In der Nähe des Tempels gab es einen kleinen Laden, der uns auffiel, weil ein Japaner an der Fassadenecke über dem Eingang hing, und ein Schild vor der Tür war (Restaurant mit Namen – check; Schild vor der Tür – check [schon mal 2 wichtige Voraussetzungen erfüllt]), auf dem  Schild stand:

"To all customers, our shop sells only PORK guts –
NO CHICKEN – NO YAKITORI –
Keep away
"



Na, das hört sich ja schonmal gut an. Also rein!? Ein kleiner Laden, rechts ein Tresen und dahinter die "offene Küche".




 





Die letzte Renovierung ist wohl auch schon 40 Jahre her, und einer sah auch so aus, als hätte er diese miterlebt. Später stellte sich heraus  – es war der Besitzer, der dieser Art Spieße ihren Namen gab, heute allerorts bekannt als "Motsuyaki"! Zumindest behauptete er es.


Der Namensgeber der Spieße!?

Alle Leute, das heißt, zwei hinter der Theke, drei vor der Theke, waren sehr nett. Wir nahmen uns die Karte und schauten uns die Gerichte an. Der Besitzer schaute sehr interessiert zu uns und dachte wohl: "Ob der Gaijin weiß, worauf er sich hier eingelassen hat?"
Zanzi fragte ihn, was man hier besonders empfehlen könnte, worauf er meinte "Alles, nur nicht auf einmal!"
Der 2. vor der Theke, ca. mitte 40, Glatze, meinte: "Hier ist alles sehr lecker und frisch. Überhaupt sind fast alle hier wie eine Familie, und abends trifft man sich hier im "Wohnzimmer!"




Ok, die Familie war recht überschaubar. Wir hofften, dass der Rest nicht schon frühzeitig verstorben ist, denn irgendwie sah es schon recht abenteuerlich aus. Da Alkohol bekanntlich desinfizierend wirken kann, bestellten wir uns erstmal jeweils ein Bieru – welches zwar aufgrund des Alkoholgehaltes nicht desinfiziert, aber kühl ist und schmeckt!
Es gab hier also nur Spieße, nur vom Schwein, und nur ... wie, kein Fleisch? nee, nur Innereien und davon genug! Denn, es gab Innereien vom männlichen und vom weiblichen Schwein, die sich ja in einigen Dingen unterscheiden!
Ok, womit fangen wir denn an?
Zunge! Erstmal Soft anfangen. Diese kamen in einer Soße – sehr lecker!
Das ging ja schon mal gut!
Als nächstes?
Magen?
Okay!



Schweinemagen
Magen


Vom Biss, natürlich etwas fester, schöner Grillgeschmack – lecker.
Und nun?
Mmh, wie wärs mit Leber?
Oh ja, krosse Leber mag ich!
Zwei Mal die Leber bitte! Und noch zwei Bieru!


Schweineleber
Schweineleber


Leberstücke auf Spießen! Ein großes Stück hinein, und was müssen unsere Geschmacks- und Konsistentsknospen festellen? Meine rote Gefahren-Rundumleuchte drehte sich wie die Jaguarbahn auf der Kirmes und signalisierte meinem Großhirn: Gefahr-Gefahr! Hier ist rohe Leber-Daa Daaa!
Tatsächlich, nur außen war sie leicht mit Röstaromen überzogen. Innen, toootaaal roh!
Onegaishimasu, bitte noch zwei heiße Sake, schnell!
Aber irgendwie lecker! Wo bleibt denn der Sake???
Was hört man nicht alles von roher Leber und so; und dieser Laden sah ja nicht gerade so aus als würden sich hier die die Hygienebeauftragten die Klinke in die Hand geben. Es war ja nicht mal Rind, sondern auch noch Schwein! Aber - gestorben sind doch Leute, weil sie rohe Rinderleber gegessen hatten, oder!?
Ah, endlich der Sake!
Der Mann mit der Glatze sah uns an, grinste, und fragte woher wir denn seien.
So, so, so, Doitsu! Diesmal holen sie ja nicht so viele Medaillen (es war gerade Olympiade)!
Wir sollten auch mal dieses probieren (und zeigte auf die Karte).
Was war dass denn? Unsere Leber noch verzehrend, dachten wir: "Aber nur wenn wir die Leber überleben!"
Eigentlich wollten wir sowas wie Leber ja nicht unbedingt essen! Sicher ist sicher! Aber jetzt war es eh schon zu spät!
Da wir nicht genau entziffern konnten, was es war, erklärte uns "Glatze" mit Umschreibungen, woher dieses Teil aus dem Inneren herkommt, wofür gut, und wie lecker es ist, wenn man es mag!
Ach nee?
Okay, aber erst mal eine Runde Gemüse am Spieß – zum runterkommen!


Gesunde Spieße


Derweil war einer der drei vor der Theke (der nur telefonierte) gegangen, und ein Mann mit einem Schlapphut, den Angler tragen, kam herein und begrüßte alle. Anscheinend ein Stammgast, nein Familienmitglied!
Nächste Runde – nächste Spieße – nächste Überwindung
Wir bestellten nun unsere nächsten Spieße – Gebärmutter! Wusste gar nicht, dass man die essen kann!?


Schweinegebärmutter


Schlecht geschmeckt hat sie nicht. Ähnlich wie Darm. Wird aber nicht mein Favorit.
Derweil stöhnte der Angler, und beklagte sich über seine Rückenschmerzen, worauf "Glatze" sofort aufsprang, sich hinter dem Angler stellte und ihn kräftig durchmassierte. Der "Angler" stöhnte noch mehr und "Glatze" lachte! 
Schwitzend begab sich "Glatze" wieder auf seinen Stuhl und nahm erst mal einen kräftigen Schluck Bieru.




Wir bestellten noch einige verschiedene "normale" Spieße und Bieru. Der Laden war eigentlich sehr gemütlich und familiär, da wir direkt in ihre Gespräche mit einbezogen wurden.
Ob der Konsum von zu vielen Innereien, kannibalistiche Ur-Instinkte auslöst, können wir nicht sagen, aber "Glatze" sagte, nachdem er uns noch von diversen Lebensmitteln erzählte, dass man auch Menschenfleisch essen könne! Darauf sind wir dann auch nicht weiter eingegangen, und da es schon spät war und unser Magen den Bauch schon gefählich wölbte, haben wir uns verabschiedet und aufgemacht zum Hotel – bevor wir noch auf einem Spieß enden!?





Danach holten wir uns auf den Schreck aber erst noch ein Bier, bei unserem Stammkoreaner, für die Nacharbeitung unseres Ausfluges im Hotelzimmer.





Im Nachhinein ein toller, interessanter, leckerer Abend.
Gab's nicht eine Serie die hieß: "Es muss nicht immer Kaviar sein"?
So isses!!!!
Wenn unsere Verwandtschaft nur wüsste, wo wir an jenem Tag gespeist haben!!!
Aber wir leben noch - trotz roher Leber, trotz Gebärmutter!
Wenn wir wieder in Tokyo sind, gehen wir wieder hin! Aber Zanzi isst bestimmt keine rohe Leber mehr!



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