Wir wollten Yoiyoiyama, den 15.07., also zwei Tage vor der Gion Matsuri Prozession, nicht unbedingt den ganzen Tag im überfüllten Kyoto verbringen. Das Wetter war wunderbar - also warum nicht aus der Stadt hinausfahren auf's Land, wo es ein wenig kühler ist? Wir wollten uns unbedingt Enryaku-ji auf dem Hieizan anschauen. Und wenn wir uns schon Richtung Nord-Osten aufmachten, dann konnten wir auch direkt nach Ōhara fahren und uns den Sanzen-in anschauen. Beide Tempel wurden im späten 8. Jahrhundert von Saichō gegründet. Saichō, auch Dengyō Daishi genannt, studierte den Buddhismus in China und gründete die Tendai-shū, eine der bedeutenden buddhistischen Schulen in Japan.
Es fuhren viele Busse direkt nach Ōhara, daher machten wir uns früh auf den Weg stadtauswärts. Wir fuhren zunächst an Hieizan vorbei nach Ōhara, erreichten Sanzen-in und durften nach einem Blick auf den wunderschönen Shūheki-en (Garten) dem Shōmyō, dem japanisch-buddhistischen Ritualgesang der Tendai-Schule, der hier entstanden sein soll, beiwohnen.
Sanzen-in, Blick aus dem Kyakuden |
Auf dem Weg zum Shinden (Haupthalle) |
Nach dieser beeindruckenden Erfahrung bewunderten wir in der Halle des Ōjō-Gokuraku-in die berühmte Statue des Amida-Buddha mit zwei Bodhisattvas, um uns dann im wunderschönen Garten um diese Halle herum, dem Yūsei-en, zu verlieren. Der moosbewachsene Garten mit den darin versunkenen Jizō, den Beschützern der Kinder und Reisenden, wird uns immer in Erinnerung bleiben.
Auf dem hübschen Weg vom Sanzen-in zurück zur Bushaltestelle entlang des Flüsschens Ryō mussten wir dann doch noch eine eingelegte Eisgurke, für die Ōhara bekannt ist, so wie eine eingelegte Eisaubergine probieren. Die verspeisten wir dann an einem Aussichtsplatz mit Blick auf die Berge, auf ein Shiso- und Reisfeld.
Ryō |
Eingelegte Eisgurken am Stiel |
Leckere, kühle Auberginen |
Shisofeld |
Reisfeld |
Langsam aber sicher wurde es Zeit, sich wieder Richtung Hieizan zurückzuarbeiten. Wir nahmen den Bus zurück bis Yase-Hieizanguchi Station und stiegen dann in den Keifuku Railways Eizan Cable um.
An der Yase-Hieizanguchi Station |
Das letzte Stück des Bergs legten wir wegen Zeitmangels mit dem Eizan Ropeway zurück. Als wir auf dem Hieizan ankamen, hielten wir den Atem an - wir konnten ganz weit schauen, ja sogar den Biwasee konnten wir von dort aus sehen, unglaublich!
Biwa-See |
Eigentlich wollten wir zumindest eine Strecke wandern, aber da wir in Ōhara einfach mehr Zeit benötigt hatten als geplant, war daran gar nicht mehr zu denken. Es war eigentlich für Enryaku-ji schon zu spät, denn der Hauptsitz der Tendai-Schule erstreckt sich auf einem riesigen Areal und ist in drei Gelände, dem Tōtō, Saitō und Yokawa unterteilt. Zur Blütezeit der Tendai-Schule gab es hier wohl an die 3000 Tempel.
Wir wollten uns vor allem Tōtō anschauen und uns auch über die Sōhei, die bewaffneten Mönche von Enryaku-ji und die 1000-Tage-Pilgerreise dieser Mönche informieren. Samoht hätte auch zu gern die einzige Ruine besichtigt, die seit der Zerstörung des Enryaku-ji durch den Daimyo Oda Nobunaga im Jahre 1571 auf dem Hieizan noch zu sehen ist.
Also gingen wir, obwohl es schon recht spät war, durch die Absperrung und schauten uns im Tempelbezirk Tōtō zunächst den Daikō-dō (Große Lehrhalle) und den Shōrō (Glockenturm) an.
Daikō-dō |
Shōrō |
Wir waren schon ein wenig müde und wussten gar nicht, wie wir die noch zur Verfügung stehende Zeit sinnvoll nutzen sollten und wanderten daher ein wenig desorientiert weiter und betraten das wichtigste Gebäude des Tōtō, den Kompon chū-dō, der in seiner heutigen Form seit Mitte des 17. Jahrhunderts existiert. Wir waren von der Schönheit dieses Bauwerks beeindruckt und plötzlich war alle Müdigkeit wie verflogen. Wir schauten uns in Ruhe um und bedauerten ein wenig, dass man hier nicht fotografieren durfte. Dann begegneten wir erstmals dem hilfsbereiten, jungen Mönch, der Samoht den Hinweis gab, dass er den Stempel des Kompon chū-dō nur vor dem Tempel erhält. (Vgl. 1600-uhr-bild-15072012) Als wir uns dann endlich halbwegs satt gesehen hatten, torkelten wir ein wenig benommen aus dem Gebäude hinaus und trafen zu unserer Überraschung den jungen Mönch wieder, der sich die Mühe gemacht hatte, extra für Samoht hinauszukommen. Er kümmerte sich darum, dass Samoht seinen Stempel erhielt, zeigte ihm auch, wo sich die einzige Ruine befindet, nämlich im Bezirk Saitō, unerreichbar für uns in der noch zur Verfügung stehenden Zeit. Der Mönch sorgte auch dafür, dass wir nicht mehr versuchten, vom Hieizan zu Fuß nach Kyoto zurückzukehren - wir hätten es niemals bei Tageslicht geschafft! So nahmen wir, nachdem wir uns noch Kaidan-in angeschaut hatten,
Kaidan-in |
den letzten Bus, der vom Tempel nach Kyoto zurückfuhr und kamen schließlich ziemlich geschafft an der Keihan Sanjō Station an.
Als wir Richtung Kamogawa gingen, staunten wir nicht schlecht - der Fluss war kaum wiederzuerkennen! Der Regen in den Tagen zuvor, der in Kyūshū auch zu Überschwemmungen mit Todesfällen geführt hatte, hinterließ sogar in Kyoto sichtbare Spuren - der Kamogawa hatte sich über Nacht in einen reißenden Fluss mit dreckig-braunem Wasser verwandelt, der fast über die Ufer zu treten drohte.
Erleichtert darüber, dass der Dauerregen nun aufgehört hatte, tauchten wir wieder in das Leben von Kyoto ein. Es war ein sehr schöner Tag, und wir sagten uns, dass wir in Zukunft noch einmal auf den Hieizan gehen werden, dann aber werden wir uns einen ganzen Tag dafür nehmen!
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